Sharon Jones (Daptone Rec.)

Kaum eine Stimmgewalt kam ihrer gleich. Kaum eine Künstlerin hat charismatischer, unverwässerter den Soul nicht nur gesungen sondern auch gelebt. 

 

Mrs. Sharon Jones starb am 18.11.2016 an ihrem Krebsleiden. 

 

Wir hatten das Glück mit ihr 2010 sprechen zu dürfen. 

 

Rest in Soul, Queen. 


Hard times

Anfang April 2010 erscheint das langerwartet neue Album der 53jährigen Sängerin Sharon Jones und ihrer Band The Dap-Kings aus New York. Genau diese Frau und ihre Musiker werden dafür verehrt, weil sie sich allen Trends zum Trotz vor über zehn Jahren zum klassischen Soul und Funk bekannt haben und diesen auch seit Jahren um die Welt tragen. Die kleine, dynamische Sängerin ist noch lange nicht müde und wie man an den Nebenprojekten ihrer Bandmitgleidern sehen kann, diese auch nicht. The Funk is still hot and the Soul is still the truth. Die charismatische Frontfrau stellte sich unseren Fragen. 

 

1. Mitte April wird eure brandneue Platte “I learned the hard way” veröffentlicht.
Man kann es durchaus als ein weiteres Soulalbum im klassischen Sinne bezeichnen.
Wo siehst du den großen Unterschied zu den drei vorherigen Alben?

Jones: Der Hauptunterschied zu unseren frühren Werken liegt daran, dass andere Leute an dem Album mitgeschrieben und komponiert haben. Gabriel und ich schreiben immer noch viele Songs. Dazu kommen die Ideen und Vorschläge von Homer und Tommy. Jetzt haben wir neue Texter wie Wayne, der z.B. den Song „Window Shopping” auf der neuen Platte geschrieben hat. Zum anderen muss man sagen das wir inzwischen aus einem reichen Fundus an Erfahrungen schöpfen, die natürlich in die neuen Arbeiten einfließen. Hinzu kommt noch, dass wir hier jetzt mehr Vocals benutzt haben. Die Orchestrierung ist zu dem auch neu arrangiert. Ins gesamt haben wir natürlich unseren Stiel, probieren jedoch durchaus immer wieder neue Sachen aus.

2. Gabriel Roth ist eine Art Mastermind hinter dem Gesamtwerk Daptone Records und
Und dem Sound der “House of Soul”- Studios. Du arbeitest schon sehr lange mit ihm. Wir würdest du diese Zusammenarbeit beschreiben und was macht seine Arbeit zu so etwas Besonderem?

Jones: Gabe began ja mit Desco Records vor dem ganzen Daptone-Ding. Damals habe ich schon mit ihm gearbeitet. Die Chemie zwischen uns hat einfach gepasst.
Man merkt einfach bei allem was er macht, das er seine Arbeit liebt. Er ist dadurch ein Genie. Es ist bis heute ein Glücksfall, dass ich durch mein Gesang seine Passion unterstützen kann und etwas wundervolles dabei entsteht.

3. Was denkst du über all die Seitenprojekte wie Menahan Street Band oder El Michel’s Affair?

Jones: Ich bin seine Sängerin und Songwriterin, The Dap-Kings sind Vollblutmusiker. Sie brauchen einfach verschiedene Plattformen um sich zu entfalten. Musikalisch bleiben sie alle mit ihren eigenen Projekten in den gleichen Gefilden. Das ist immer noch alles Jazz, Funk, Soul und Rhythm’n’Blues. Es wirkt nach außen vielleicht nicht so, aber das ist eigentlich alles ein Familiending.

4. Auf dem neuen Album merkt man wieder viele, klassische Einflüße von Stax, Motown bis Philly. Gibt es eine Hauptinspirationsquelle für dich?

Jones: Auf dieser Platte sind es für mich persönlich die Männer. Die Jungs die mir die Musik geben. Die Jungs deren Musik ich höre. Die Jungs die mich dazu inspirieren solche Texte zu schreiben. Die Männer gaben und geben mir die Inspiration Texte zu schreiben. Texte die aus wahren Geschichten entstehen. Das ist das wichtigste für mich als Künstlerin und für unseren Soul.

5. Wir kann man sich die Entstehung eines Album von Euch vorstellen? Gibt einen langen Aufnahmeprozess im Studio oder passiert das meiste vorher in Einzelarbeit?

Jones: Es ist bei uns so, dass jeder schreibt und komponiert. Wir treffen uns zu einer Art Puzzlespiel und fügen die Ideen zueinander bis es für uns schlüssig ist. Manchmal wird natürlich auch eine Idee sofort wieder verworfen. Aber wir arbeiten alle sehr gerne zusammen und das ist natürlich ein großer Vorteil. So kann auch jeder arbeiten wann er will. Wenn wir alle zusammen sind, wir live aufgenommen.

6. “Dap Dippin’” war mehr im deepen Funk verwachsen. Die folgenden Alben waren mehr dem Soul gewidmet. War das von Anfang Euer Plan?

Jones: Nein, das war es nicht. Das muss ich oft auch bei den Fans klarstellen, die das erste Album wirklich lieben, weil es so sehr Funk ist. Aber letztlich will ich jedem nahe legen, dass man nicht so viel in Kategorien denken soll. Es ist Musik. Es geht um Musik. Seit ich Musik machen mochten meine Fans das was ich mache, egal was es speziell war.
Als Künstler macht man eben verschieden Entwicklungen durch und setzt Schwerpunkte.

7. Ray Lugo von der Band Kokolo hat mir im Interview erzählt, dass der Hype um authentische Soul / Funk / Afrobeat-Sounds außerhalb der USA viel größer ist. Er erzählte mir wie froh er sei über die Euphorie und Begeisterung in Europa und Japan. Was für ein Problem habt ihr Amis eigentlich?

Jones: (lacht)  Ehrlich gesagt, weiss ich nicht warum das so ist. Es ist doch wirklich verrückt. Wir sind das Mutterland dieser Musik. Wenn ich zurückdenke war das schon immer so. Vor allem in Europa in den 1960ern und 1970ern war Rhythm’n’Blues einfach größer. Europäer haben einfach einen Sinn für das Alte und für Geschichte. Die meisten Amerikaner interessieren sich immer nur für das Neuste. Ich denke da bewusst an die 70er als unsere Musik sofort und in Windes Eile vom 80s-Pop verdrängt und sofort vergessen wurde.

7. Questlove von The Roots hat die letzte Lp von Soullegende Al Green produziert. Die Kritiker waren allseits begeistert und die Fans freuten sich über ein Stück Musik das man eigentlich in den 1970ern vermuten würde. Warst du genauso begeistert?

Jones: Ich war nicht bei der Produktion dabei und weiß nicht wie sie das Album gemacht haben. Aber der Vibe ist gut und man sieht ja am Feedback, dass viele Leute sich nach solcher Musik wieder sehnen. Davon profitieren wir als Band natürlich auch.

8. Es gibt augenblicklich weltweit wieder mehr Kapellen die Funk & Soul spielen.
Ich war sehr beeindruckt als ich die Japaner von Osaka Monaurail live gesehen habe. Ihr seit ständig auf Tour rund um den Globus. Gibt es Bands die dir besonders gefallen haben?

Jones: Wir haben mit vielen tollen Bands überall gespielt. Ich höre mir gerne die Antibalas, Naomi Shelton & The Gospel Queens an. Wirklich gut finde ich die Platten von Lee Fields und Charles Bradley. Ihr Musik kann ich fühlen. 

9. Danke für das Gespräch und viel Spass auf der Welttournee. 

Jones: Danke dir und danke den Soulfans in Deutschland. 

 

 

Text & Interview: Peter Parker