DJ Sepalot

Sepalot! Das ist primär HipHop. Er prägte mit seiner Gruppe Blumentopf  die goldene Ära des hiesigen HipHop und war bis zu ihrer Auflösung wahrscheinlich die beste Live-Kombo die dieses Genre je gesehen hatte. 

 

Heute macht Sepalot immer noch großartige Mucke. Z.B. mit seinem Quartet.

 

Wir sprachen 2011 mit ihm über Jazz, Future Bass, HipHop und mehr. 


Chasing clouds

Bekannt ist er primär als DJ und Produzent der deutschen HipHop-Formation BLUMENTOPF. Als Beatschmied hat er in den letzten Jahren immer mehr auf seinen musikalischen Freigeist und seine Kreativität aufmerksam machen können. Da wären zum einen die Jazz-Pop-Produktionen für die Sängerin Esther, gefolgt von seinem Future Funk-Album auf Compost Records und der überragenden Kollaborations-EP mit dem Detroit-Rapper Frank Nitty ("Fracture"), die Beatconductor-Gratis-Digital-LP auf der Sepalot bayrische Blasmusik mit abstrakten HipHop-Beats ganz in Madlib-Tradition kreuzte und nun mit neuen Future Bass-Entwürfen flirtet. Der Mann mit dem Hut braucht offensichtlich viele Ventile um sein Tatendrang zu kanalisieren. Nun steht schon sein nächstes Soloalbum "Chasing Clouds" an. Das war ein Grund mehr Sebastioan Weiss aka Sepalot kurz zu befragen. 

 

1. Geniest du es bei deinen Solo-Werken, dass du etwas freier agieren kannst als für deine Produktionen für deine HipHop-Formation Blumentopf?

Ich genieße vor allem die Abwechslung zwischen Solo und Band. Bei der Arbeit an einem Bandalbum hat man viel mehr Input, muss aber natürlich auch Kompromisse machen. Wir fünf im Studio können schon eine explosive Mischung sein. Bei einem Soloalbum lass ich nur ein Minimum an externen Einflüssen zu. Es ist mir sehr wichtig am Ende etwas sehr Pures und Unverfälschtes zu haben.

2. Was hast du aus deinem ersten Solojoint „Red Handed“ für dich und für deine weiteren Produktionen, wie jetzt „Chasing Clouds“, gelernt bzw. für dich mitgenommen?

„Red Handed“ hatte zwei große Einflüsse. Einmal das ganze „Future Beat“-Ding und meine ganzen DJ Gigs. Es war mir wichtig, dass das Album auch im Club funktioniert. Bei „Chasing Clouds“ hab ich gerade das „funktionieren“ völlig ausgeblendet. Mir war auf einmal klar, dass so was einen als Künstler nicht weiter bringt. Ich bin kein Schreiner der einen Stuhl macht auf dem man dann besonders gut sitzen soll. Meine Musik will nicht die Welt verbessern, beim Hörer Emotionen wecken oder sonst irgendwas. Sie ist erstmal völlig egoistisch und irrational.

3. Für viele von der Geschmackspolizei und von den HipHop-Nazis warst du schon immer, gerade mit deinen Beats und DJ-Sets, zu eklektisch bzw. zu weit weg. Stören dich heute diese „Kritiken“ immer noch? Wie gehst du damit um?

Eigentlich sind meine DJ Sets und auch „Chasing Clouds“ nicht sehr elektronisch jedoch sehr frei. Weit weg vom Standart sind sie aber mit Sicherheit. Das war und ist nicht immer der leichteste Weg. Ich hab mir den Weg auch nicht absichtlich ausgesucht, es spiegelt lediglich meinen Geschmack und mein Verständnis von Musik wieder. Schade dass so viele Kollegen in diesem Punkt so uninspiriert sind und lediglich „bedienen“.

4. Auf der neuen Platte gibt es wenige Gastbeiträge. Der „neue Nas“ Fashawn und das Detroit-Monster Buff1 rappen. Ladi6, Ono, Hanz Gable & Esther Adam singen. Lag dein Schwerpunkt auf den Instrumentals bzw. wolltest du bewusst nicht viele Features damit die Leute sich vom Sample-Sound entführen lassen?

Ich wollte bewusst nicht viele Features. Nur gerade so viele, dass sie nicht vom Kern des Albums ablenken. Mein Album ist eben kein Produzenten-Album. Ich bin der Künstler um den es geht und dass ich das Album auch produziert hab ist nur nebensächlich.

5. Würdest du zustimmen, wenn ich behaupte, dass es inzwischen mehr Beatbastler gibt, die ihrer Kreativität mehr Freiraum geben und weniger Kompromisse eingehen als noch vor ein paar Jahren? Ich denke da an die Hi-Hat-Club-Reihe, KanKick, flako, Illmind oder Hudson Mohawke!

Da hast du mit Sicherheit Recht. Es gibt jetzt so viele Artists die nicht mehr denken sie brauchen unbedingt einen MC oder Sänger um ihre Musik zu komplettieren. Sie haben sich emanzipiert. Das ist einer der wichtigsten Entwicklungen in dem Genre.

6. Ich erinnere mich an die spannenden Phasen als gerade Produzenten wie Dj Cam, Vadim, Krush oder Shadow mit ihren instrumentalen Abenteuerreisen den Hörer in seinen Bann gezogen hatten. Legendär waren die Veröffentlichungen auf Mo’Wax, Ninja Tunes, BBE oder auch Compost Records. Hatten diese Scheiben großen Einfluss auf dich?

Ich hab es geliebt. Die Beats waren schon immer das was mich an der Musik fasziniert hatte. Auf den Rap konnte ich leicht verzichten.

7. Es gibt ja dieses unbeschriebene Gesetz, das besagt, dass der Künstler an sich oft mehr Liebe außerhalb seiner Heimatstadt für sein Schaffen bekommt. Wie empfindest du das? Ist München froh einen Sepalot zu haben?

Gerade wenn es ums Radio geht bekomme ich hier sehr viel Liebe.

8. Du legst nach wie vor immer noch sehr viel auf und bist weltweit als DJ unterwegs. Empfindest du es oft als störend, wenn man von dir erwartet, dass du „nur“ HipHop auflegen solltest und sich das Publikum überhaupt nicht auf etwas neues einlassen möchte?

Das ist nicht immer ganz einfach. Meine doch recht speziellen Sets sind aber auch der Grund warum ich so viel auflege und auch im Ausland spiele. Das ganze geht immer mehr in die Richtung Live Performance. Wer den gleichen Sound hören will wie jeden Samstag brauch mich nicht buchen.

9. Du veröffentlichst nun auf Eskapaden Musik. Was steckt hinter dem Label? War das der finale Schritt für dich alles unter eigener Kontrolle zu haben und um selbstständiger zu sein?

Eskapaden ist nicht mein Label und ich nehme auch nicht am Tagesgeschäft teil. Eskapaden ist viel mehr als eine Agentur für Musiker und Musik zu verstehen. Man kann sich je nach den Bedürfnissen ein Team zusammenstellen. Das ganze wird dann zentral in der Agentur koordiniert. Man behält volle Kontrolle und Unabhängigkeit. Ich glaube nicht mehr an das klassische Model „Label“.

10. Es ist zwar erst September, aber könntest du uns eine Jahres-Top-10 machen?

Brenk „Gumbo“
Pavel Dovgal „Faust“
Ladi6 „Like Water“
Macsen Apollo „Like This“
Chiddy Bang „Heat Wave“ feat. Mac Miller
SoulParlor „Bang Illy feat. Oddisee (Pure P & Melo Remix)“
Fashawn „Manny Pacquiao“
Raphael Saadiq „Good Man“
Jay Z & Kanye West „Otis“

… und einen heb ich mir noch für die letzten Monate auf.

 

TEXT & INTERVIEW: Peter Parker